Während die Kommunalpolitik aktuell den Berechtigtenkreis für den Karlsruher Kinderpass stufenweise ausbauen will, macht sich die Liga der freien Wohlfahrtspflege für einen noch radikaleren Schritt stark: Jedes Mädchen und jeder Junge sollte unabhängig vom Einkommen der Eltern den Karlsruher Kinderpass bekommen, forderte der Liga-Vorsitzende Hans-Gerd Köhler am Dienstag am Rande des Fachtags Armutsbekämpfung der Stadt im Jubez.
Passinhaber erhalten beispielsweise beim Zoo-, Bad- oder Museumsbesuch sowie bei Musikstunden am Badischen Konservatorium deutliche Ermäßigungen. Aktuell sind Kinder bezugsberechtigt, deren Eltern Grundsicherung beziehen oder deren Einkommen maximal 10% über dieser Summe liegt. Nächste Woche entscheidet der Gemeinderat, ob man künftig nochmals zehn Prozentpunkte mehr Puffer gibt. Auch ein 30er-Schritt wird diskutiert. "Wenn jedes Kind den Pass bekommt, spart man ganz pragmatisch Verwaltungsaufwand bei der Beantragung und Berechnung", so Köhler. Außerdem komme es durch eine Freigabe für alle nicht mehr zu einer Stigmatisierung. Der Liga-Chef setzt jedoch auf Solidarität: Besserverdiener könnten freiwillig einen finanziellen Beitrag für den Pass leisten, konkret etwa Geld an die Stadt überweisen. "Das mag sich naiv anhören. Aber ich glaube, es funktioniert, wenn man in der Ansprache den richtigen Ton trifft", erläuterte Köhler. Schon jetzt spricht Sozialbürgermeister Martin Lenz von einer "solidarischen Stadt". Tatsächlich wächst das Angebot des Passes. Auch Vereine und Geschäfte schließen sich an und gewähren Rabatte. Das Konzept will Bildung und Teilhabe ermöglichen. Reduzierte Eintritte seien dabei jedoch nur ein Aspekt, so Georg Cremer, ehemaliger Generalsekretär des Deutschen Caritasverbands, bei der Fachtagung. Um tatsächlich den Zugang zu schaffen, müssten auch die Schulen die Kinder ermutigen. Patenschaften seien ebenfalls ein Weg. Den geht Karlsruhe bereits: In der Stadt gibt es beispielsweise Kulturlotsen, die Kinder aus bildungsfernen Familien ins Museum oder Theater begleiten. "In den Startpunkt Elterncafés suchen wir ebenso das Gespräch und zeigen Möglichkeiten auf", sagte Lenz. Nach Einschätzung von Michael Löher, Vorsitzender des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge, bewegt sich Karlsruhe in der Armutsbekämpfung im bundesdeutschen Vergleich "ziemlich weit vorne". Ähnlich sehe es etwa in Düsseldorf aus. Finanzstarke Städte täten sich insgesamt leichter. Aber zentral sei jeweils auch das Engagement der Akteure vor Ort. Oft fehle es gar nicht an Angeboten, aber Ansprüche würden von den Berechtigten erst gar nicht geltend gemacht. Selbst wenn mehr Geld fließe, müsse man sehen, ob es tatsächlich beispielsweise bei den Kindern ankommt. Anders als andere Städte verschickt Karlsruhe keinen Strauß an Freikarten. Jeder Passinhaber entscheidet vielmehr selbst, ob und wie oft er ins Bad oder Museum will. Bei jedem Besuch erbringt er dann einen finanziellen Eigenanteil. Die jetzt diskutierte Ausweitung des Berechtigtenkreises hat nicht zuletzt die "Working Poor" im Auge, die mit ihrem Einkommen knapp über der Grundsicherung liegen. Über den Karlsruher Kinderpass entscheidet der Gemeinderat nächsten Dienstag, über das entsprechende Angebot für Erwachsene vier Wochen später.
Tina Kempf, BNN
Pressemitteilung
"Karlsruher Kinderpass für alle"
Erschienen am:
16.10.2019
Herausgeber:
Caritasverband Karlsruhe e.V.
Pressestelle in der Caritas-Verbandszentrale
Wörthstr. 2
76133 Karlsruhe
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