Tobias Tiltscher, Katholisches Dekanat Karlsruhe
Die traditionsreiche Schwesterngemeinschaft wird aufgelöst. Das Gebäude soll einem modernen Neubau mit zeitgemäßem Pflegekonzept weichen.
Dekan Hubert Streckert würdigte bei dem Gottesdienst in der Hauskapelle des Elisabethenhauses den Einsatz und die Bedeutung der Schwestern, die das kirchliche und soziale Leben in der Karlsruher Innenstadt über lange Zeit begleitet und geprägt haben. Das Elisabethenhaus sei „eines der großen Werke der Niederbronner Schwestern in Karlsruhe“ gewesen, so Streckert. Ein Blick in die Geschichte der Einrichtung zeige, dass „die Geschichte des Hauses vor allem eine Geschichte von Menschen“ sei.
Wenn der Abschied von der Schwesterngemeinschaft auch traurig stimme, gebe es doch auch vieles, wofür man dankbar sein könne, sagte der Dekan in der Predigt. Bereits die Gründung des Vincentiusvereins in der Mitte des 19. Jahrhunderts und einige Jahre später des Elisabethenhauses zeuge vom offenen und mutigen Geist, der die Ordensschwestern erfülle: „Ordensgeschichten sind Aufbruchgeschichten“, betonte er. Der Aufschwung von sozial-caritativen Orden in jener Zeit sei ein Korrektiv für die Kirche gewesen. Mit ihrer spirituellen und pragmatischen Ausrichtung hätten sie die Kirche an das erinnert, was sie eigentlich schon längst als Ganze hätte tun sollen. Die institutionalisierte Altenpflege sei wesentlich von Ordensgemeinschaften begründet worden.
Inzwischen haben sich vielfältige Formen sozialer Fürsorge etabliert, die nicht mehr notwendig mit dem Leben in einer Ordensgemeinschaft verbunden sind. Daher sei der Abschied von den Schwestern auch ein Anlass, um auf das Erreichte zurückzublicken: „Wir können stolz sein, dass das, was die Orden begonnen haben, inzwischen auf so viele verschiedene Träger übergegangen ist“, so Dekan Streckert.
Schwester Rosa Fischer, die Provinzoberin der Niederbronner Schwestern, dankte für die freundliche Aufnahme der Schwestern und die fruchtbare Zusammenarbeit mit den Kirchen und Gemeinden. Der Dank an die vier verbliebenen Schwestern, die nun verabschiedet wurden, gelte stellvertretend für die insgesamt rund 250 Schwestern, die im Elisabethenhaus während seines Bestehens gelebt und gewirkt haben.
Die Geschichte des Elisabethenhauses geht bis ins Jahr 1888 zurück, und stets war mit dem Haus die Gemeinschaft der Niederbronner Schwestern, auch bekannt als Schwestern vom Göttlichen Erlöser, verbunden. Damals gründete der Vincentiusverein in der Steinstraße eine „Kleinkinderschule“, in der drei Schwestern der Kongregation die Kinder betreuten. Nach einer Zwischenstation in der Hirschstraße konnten 1908 drei nebeneinander liegende Gebäude in der Sophienstraße gekauft werden, zwei davon vom evangelischen Oberkirchenrat.
Neben dem Kindergarten entstand eine ganze Reihe sozialer Einrichtungen im Elisabethenhaus, so auch ein „Heim für alleinstehende Damen und für Mädchen auf der Suche nach einer Anstellung“. Aus dieser Wohnmöglichkeit sollte sich nach und nach das spätere Seniorenheim entwickeln.
Die Angebote der Schwestern im Elisabethenhaus entsprachen offenbar den Bedürfnissen der Zeit, denn die Nachfrage wuchs rasant. Im Jahr 1920 verzeichnete die Statistik des Elisabethenhauses 158 Pensionärinnen, 398 stellensuchende Dienstmädchen, 56 Tischgäste, 158 Nähschule-Schülerinnen, 86 Kinder im Kindergarten und 93 Kinder in der Kinderschule.
Während des Zweiten Weltkriegs fanden viele Karlsruher, die durch Fliegerangriffe obdachlos geworden waren, im Elisabethenhaus eine vorübergehende Unterkunft, bis es am 4. Dezember 1944 selbst der Bombardierung zum Opfer fiel und völlig zerstört wurde. Noch im Jahr 1945 konnte jedoch ein Kindergärtnerinnenseminar eröffnet werden, das sich großen Zulaufs erfreute. Der Wiederaufbau des Hauses zog sich in die Länge, doch in den 50er-Jahren konnte mehr und mehr wieder der Normalbetrieb einkehren. 1970 trennte sich die Schwesterngemeinschaft im Agneshaus, in dem die Erzieherinnenschule untergebracht wurde, von derjenigen des Elisabethenhauses, um die unterschiedlichen Tagesabläufe besser zu organisieren. Die Gottesdienste feierten die etwa 35 Schwestern nach wie vor gemeinsam.
Mehrmals ist das bestehende Gebäude renoviert worden, zuletzt 1980. An die Vorschriften der neuen Landesheimbauverordnung lässt sich das Haus jedoch nicht anpassen. Deshalb ist geplant, es Ende 2017 abzureißen, um bis 2020 durch einen modernen Neubau ersetzt zu werden. Bereits am 1. Januar 2016 ist die Trägerschaft des Altenheimes auf den Caritasverband übergegangen. Für den Rest dieses Jahres bietet die Caritas dort vor allem Kurzzeitpflege an.
Innerhalb weniger Tage leert sich nun der Konvent in der Sophienstraße. Schwester Sabina zieht nach Darmstadt in ein ordenseigenes Altenheim, wo sie weiterhin Dienste übernehmen wird. Schwester Annette, die bisherige Oberin der Gemeinschaft, geht nach Ebersteinburg bei Baden-Baden, um dort ebenfalls in einem Altenheim mitzuhelfen. Schwester Veritas kehrt in ihre Pfälzer Heimat nach Neustadt zurück und wird dort in der Seelsorge mitarbeiten. Einzig Schwester Maria bleibt in Karlsruhe. Sie ist in der Seelsorgeeinheit Allerheiligen im Gemeindeteam engagiert und wechselt in die Schwesterngemeinschaft bei St. Peter und Paul in Mühlburg, sodass sie weiterhin innerhalb der Seelsorgeeinheit Allerheiligen wohnen und sich ins Gemeindeleben einbringen kann.
Tobias Tiltscher, Katholisches Dekanat Karlsruhe