Die Schuldnerberatung muss bedarfsgerecht ausgebaut werden, um der seit Beginn der Corona-Pandemie zunehmenden Anzahl verschuldeter Menschen besser helfen zu können. Das fordert Antje Viedt, Teamleiterin der Sozialberatung für Schuldner beim Caritasverband Karlsruhe e.V., anlässlich der bundesweiten Aktionswoche der Schuldnerberatung vom 7. bis 11. Juni 2021. In allen sozialen Schichten nehme die Verschuldung zu. Nach Schätzungen sind - auch in Folge der Corona-Pandemie - zwei Millionen Soloselbständige und Freiberufler von Überschuldung bedroht. "Viele Existenzen sind finanziell prekär aufgestellt. Mittlerweile betrifft dies nicht mehr nur Empfänger von Grundsicherung und im Niedrig-lohnsektor Beschäftigte. Jetzt drohen auch Menschen in Verschuldung zu geraten, die es vorher niemals für möglich gehalten hätten" sagt Antje Viedt. "Soziale Schuldnerberatung, die unsere Beratungsstelle anbietet, hat den gesamten Menschen in seinem sozialen Umfeld im Blick. Das macht auch den Erfolg dieses Ansatzes aus, wie zahlreiche Studien belegen", so Antje Viedt. Verschuldung schränke die Lebensgrundlage vieler Menschen ein. Das sei nicht nur ein finanzielles Problem. "Uns geht es um die Menschen hinter den Schulden, so wie es auch das Motto der Aktionswoche der Schuldnerberatung "Der Mensch hinter den Schulden" der Arbeitsgemeinschaft der Schuldnerberatung der Verbände ausdrückt. Verschuldung ist immer auch eine menschliche Katastrophe".
Die 63-jährige Marion Schubert (Name geändert), die nach dem Tod ihres Mannes jahrelang versucht hat, ohne fremde Hilfe aus ihrer Schuldensituation heraus zu kommen, drückt ihre Erfahrungen mit der Sozialberatung für Schuldner beim Caritasverband Karlsruhe e.V. so aus: "Meine Schulden haben mich sehr stark belastet, so dass ich lange Zeit unter Schlafstörungen litt, weil ich nicht wusste, wie ich aus dieser Situation raus kommen soll. Eine Freundin hat mir dann die Schuldnerberatung der Caritas empfohlen. Vor dem ersten Gespräch bei der Schuldnerberatung war ich unheimlich aufgeregt. Ich hatte Angst, dass es nur darum geht, was ich alles falsch gemacht habe und dass ich an Allem selbst schuld bin. Dabei waren meine Befürchtungen gar nicht nötig! Schon nach dem ersten Gespräch mit der Schuldnerberaterin war ich total erleichtert. Ich hatte das Gefühl, dass ich als Mensch mit meinem Schicksal wahrgenommen werde und wusste dann endlich, dass ich mit all meinen Fragen zur Schuldnerberaterung gehen kann und es eine Lösung für meine Situation und die Schulden gibt. Hätte ich das bloß schon vorher gewusst!".
Menschen, die in finanzielle Not geraten, benötigen nach Einschätzung der Arbeitsgemeinschaft der Schuldnerberatung der Verbände unabhängig von ihrer Einkommenssituation kompetente Unterstützung. Daher müsse endlich ein Rechtsanspruch auf Schuldnerberatung für alle gesetzlich verankert werden. Die jüngste Reform des Insolvenzrechts, nach der es möglich ist, nach drei Jahren eine Rest-schuldbefreiung zu erhalten, begrüßen die Schuldnerberatungsstellen ausdrücklich. Es seien jedoch noch weitere Reformen notwendig: "Die Speicherfristen von Schuldendaten bei Auskunfteien müssen deutlich kürzer werden. Dass bei der Schufa Schuldendaten weitere drei Jahre nach Ende des dreijährigen Insolvenzverfahrens gespeichert bleiben, erschwert ehemals Verschuldeten den Neustart. Für sie ist es zum Beispiel schwer bis unmöglich unter diesen Bedingungen eine neue Wohnung zu finden. Wohnen aber ist ein Menschenrecht, das Überschuldeten oder von Armut bedrohten Menschen nicht vorenthalten werden darf," so die Schuldnerberaterin. Daher fordere die Arbeitsgemeinschaft der Schuldnerberatung der Verbände bereits seit Jahren eine Speicherfrist bei der Schufa von höchstens einem, besser einem halben Jahr.
Informationen zur Sozialberatung für Schuldner im Beratungs- und Familienzentrum Caritashaus:
Website und Zugang zur Online-Beratung: www.caritas-karlsruhe.de/sb
Kontakt und Terminvereinbarung: Brigitte Leimbach, Telefon (0721) 9 12 43-0 oder per E-Mail b.leimbach@caritas-karlsruhe.de.