Die Aufgaben in den Kindertageseinrichtungen haben sich verändert. Davon sind die Träger der katholischen Einrichtungen überzeugt und setzen für die Zukunft auf sogenannte Familienzentren: Ziel ist die Zusammenführung von Bildung, Erziehung und Betreuung mit Angeboten der Beratung und der Hilfe für die gesamte Familie. In Karlsruhe wurde das Haus Sonnensang, eine Einrichtung der Caritas, vor zwei Jahren zum Kinder- und Familienzentrum ausgebaut. In der Seelsorgeeinheit Allerheiligen wird das Canisiushaus demnächst seine Arbeit als Familienzentrum aufnehmen, und mit den Kitas St. Peter und Paul in Mühlburg und Heilig Kreuz in Knielingen befinden sich zwei weitere im Ausbau. Um zusätzliche Impulse zu geben und über die bereits gesammelten Erfahrungen zu berichten, fand am Samstag das Symposium "Familienzentren zwischen Vision und Wirklichkeit" statt.
Eingeladen zu Fachvorträgen, Diskussionen und Workshops hatten das Katholische Dekanat Karlsruhe, die Katholische Gesamtkirchengemeinde, der Caritasverband, der Sozialdienst katholischer Frauen und das Agneshaus. "Ich mache schon seit Jahren die Erfahrung, dass Eltern nicht nur zum Bringen und Abholen in unsere Einrichtung kommen", sagt Stefanie Schmeck, Leiterin des Familienzentrums des Kinder- und Familienzentrums Sonnensang, und schildert ihre Praxiserfahrungen. "Da wird auch mal über familiäre Probleme wie Trennungen oder über Geldsorgen gesprochen", schildert sie. "Daher war uns schon vor Jahren klar, dass wir mehr beraten müssen." Im Familienzentrum kommt nun einmal pro Woche der Caritassozialdienst vorbei, es gibt verschiedene Kurse zu Themen wie etwa Rückbildungsgymnastik oder Stressreduktion, und man bietet regelmäßig pädagogische Vorträge und Fachgespräche an. Einmal pro Woche gibt es eine offene Sprechstunde. "Was sich hier entwickelt hat, ist unglaublich", zitiert Schmeck eine Mutter. Geschätzt werde das besondere Vertrauensverhältnis, das sich entwickelt habe, so die Leiterin des Familienzentrums.
Man wolle sich in Zukunft noch mehr in den Stadtteil hinein öffnen und Familien ansprechen, erklärt sie. Zu diesem Zweck werde man in Kooperation mit der Pädagogischen Hochschule eine Sozialraumanalyse starten, denn "wir wollen den Menschen ja keine Angebote aufstülpen, sondern gezielt den Bedarf ermitteln", versichert sie.
Problematisch sei jedoch die Finanzierung, erklärt Schmeck: So werde etwa von der Stadt lediglich die Fläche für die Kita bezuschusst. "Die Mehrflächen für das Familienzentrum finanziert alleine die Caritas", so Schmeck . Ähnlich sehe es mit den Personalkosten aus. Steffen Brade, beim Caritasverband zuständig für die Fachberatung der Kitas in Karlsruhe, erläutert, dass zum Beispiel die Erzdiözese Freiburg 7 500 Euro pro Jahr für die Finanzierung der Familienzentren zuschießt. Dazu komme eine einmalige Anschubfinanzierung in Höhe von 10 000 Euro. "Das Geld ist dringend nötig, denn für die Koordination der Familienzentren muss eigentlich eine Vollzeitstelle eingeplant werden", sagt er und stellt fest, dass viele Kitas von der Anforderung her oft schon Familienzentren seien, denn "es werden ja nicht nur "Tür-und-Angel-Gespräche" geführt".
"Die Herausforderungen in den Kitas werden größer", weiß auch Volker Schebesta, Staatssekretär im Kultusministerium. Frühe Bildung sei die Grundlage für die Entwicklung des Kindes. "Familien brauchen eine Anlaufstelle und dies können die Familienzentren leisten", sagt er und verspricht, dass das Land diese Arbeit unterstützen wird. Für den nächsten Doppelhaushalt seien Mittel eingestellt, um pro Jahr rund 100 neue Einrichtungen finanziell zu fördern. Bürgermeister Martin Lenz stellt fest, dass man in Karlsruhe gut aufgestellt sei und nennt das Kinder- und Familienzentrum Sonnensang als positives Beispiel.
"Familienzentren sind dem Caritasverband wichtig", bescheinigt auch Regina Kebekus vom Diözesan-Caritasverband. "Sie haben die Aufgabe, niederschwellige Angebote für Familien zu machen." In den Familienzentren gehe es um Betreuung, Bildung, Beratung, Begegnung und Begleitung, zählt sie auf. "Kitas sind im besten Fall ein Stück Heimat für Kinder, Eltern und Mitarbeiter". "Wir brauchen Familienzentren." Davon ist auch Dekan Hubert Streckert überzeugt. Sie seien wichtig, um die Bildungschancen zu erhöhen und die Familien zu entlasten. Daher müsse man die Diözese, das Land und die Stadt dazu motivieren, solche Einrichtungen zu un-terstützen. Streckert nutzt das Symposium auch dazu, um das neue "Leitbild der katholischen Tageseinrichtungen für Kinder in Karlsruhe" vorzustellen. Das christliche Menschenbild spielt darin ebenso eine Rolle wie etwa der pastorale Auftrag oder das Kind als "eigenständige Persönlichkeit mit seiner speziellen Lebensgeschichte", führt Streckert aus. "Das, was auf dem Papier steht, muss mit Leben gefüllt werden."
BNN, Martina Erhard