Mit einem fröhlichen Lächeln empfängt die gelbe Holzfigur vor dem Haupteingang Besucher des Waldheims der Caritas. Seit dem Spätsommer 2022 kommen an ihr allerdings fast nur noch Bauarbeiter vorbei. Es sind Experten für Abrissarbeiten. Mauern, Pflastersteine und Fenster werden verschwinden, neue Sträucher und Bäume dafür gepflanzt. So verlangt es der Staatsforst als aktueller Verpächter des Geländes. "Es gibt noch keinen Zeitplan für Rückbau und Renaturierung", erklärt Susanne Rohfleisch. Es ist nicht die einzige offene Frage, mit der sich die Chefin des Caritasverbands Karlsruhe beschäftigen muss. Der Verein hat einen Architekten mit der Abriss-Planung beauftragt. Er muss ein Naturschutzgutachten erstellen lassen, Angebote einholen und schließlich Gebäude, Spielplätze und Zäune plattmachen, die Baugrube auffüllen und die Fläche dem Wald zurückgeben. Was genau nötig sei, darüber spreche man mit dem Forst. "Was das kosten wird?", wiederholt Rohfleisch. "Das wissen wir noch nicht." Der Verband hat Geld zur Seite gelegt. Seit Jahren ist bekannt, worum man sich im Hardtwald nördlich des Adenauerrings kümmern muss. "Die Rücklagen werden aber nicht reichen", vermutet die Caritas-Vorständin. Lange hatte der Verband für den Erhalt des Waldheims gekämpft. Er wollte die Gebäude dauerhaft für den Kita-Betrieb nutzen, war bereit, Geld für notwendige Sanierungen in die Hand zu nehmen, sagte der zweite Vorstand Christian Pflaum noch vor drei Jahren im Gespräch mit den BNN. Zu dieser Zeit tobten Kinder der Kita St. Agnes übergangsweise durch den Hardtwald - die eigentliche Einrichtung in der Sophienstraße musste saniert werden.
Die Stadtverwaltung lehnte den Wunsch der Caritas im Sommer 2019 ab, verlängerte die Ausnahmegenehmigung für die Kita aber "ein letztes Mal" bis Ende August 2022. An diese Zusage hielt sich auch der Staatsforst, in dessen Verantwortung das Gebiet Anfang 2020 überging. An der grundsätzlichen Haltung änderte sich aber nichts. Rückbau und Renaturierung nach Pachtende blieb die Forderung.
Traurig ist Susanne Rohfleisch nicht, wenn sie über das gemähte Gras vor dem Gebäude schlendert. "Es überwiegen die guten Erinnerungen", betont sie. Und die gibt es vermutlich auch bei mehreren Generationen von Karlsruhern.
Vor fast 100 Jahren hatte die Caritas das Areal an der Friedrichstaler Allee bezogen. 1925 ging es los mit einer Holzbaracke, später entstand ein zweigeschossiges Gebäude mit Küche und Hausmeister-Wohnung. Das Waldheim wurde zur Anlaufstelle für die Naherholung. Tausende Kinder besuchten schon vor dem Zweiten Weltkrieg Ferienfreizeiten.
Wenige Tage vor Kriegsende brannte der erste Waldheim-Bau im April 1945 nieder. Bis zum Wiederaufbau vergingen mehrere Jahre, die Caritas mietete sich mit ihren Freizeiten im Stadion, im Augustinusheim in Ettlingen und im Schloss Scheibenhardt ein. Weil der Nachkriegsbau weder den Ansprüchen noch dem Andrang gewachsen war, plante der Verband 1967 den noch heute stehenden Komplex mit 2.000 Quadratmetern Nutzfläche. Im Dezember 1969 wurde der 1,8 Millionen D-Mark teure Bau eröffnet.
In den 1970 ern und 80ern boomte die Stadtranderholung. Zehntausende Kinder und viele Senioren zog es ins Waldheim. Immer wieder berichteten auch die BNN von begeisterten Feriengästen. "Drei Wochen waren viel zu kurz", titelte sie beispielsweise im Sommer 1974. Auch für Feste und Schulungen war das Waldheim gefragt. Im Winter 1992 beherbergte es Flüchtlinge aus Kroatien, die vor dem Krieg im damaligen Jugoslawien geflohen waren. Im neuen Jahrtausend wandelte sich allerdings die Rolle des Waldheims. Als Kinder-Ferienziel war es immer weniger gefragt. Die Caritas nutzte das Gebäude als Ausweichstätte bei Kita-Sanierungen - zuerst für die Kita Sonnensang, dann für St. Agnes. Die vertraglich geregelte Nutzung war damit nicht mehr gegeben, nur Ausnahmegenehmigungen öffneten die Tür. Noch ist auf dem Wegweiser am Adenauerring der Hinweis auf St. Agnes zu finden. In absehbarer Zeit wird der allerdings ebenso verschwinden wie die kaputte Tischtennisplatte und die roten Rutschen im Garten, die gelbe Holzfigur vor der Tür und mit ihr die grauen Mauern, die Holzkonstruktionen und die markanten Dächer.
Pascal Schütt, Badische Neueste Nachrichten BNN
Pressemitteilung
Waldheim wird wieder Wald
Erschienen am:
17.02.2023
Herausgeber:
Caritasverband Karlsruhe e.V.
Pressestelle in der Caritas-Verbandszentrale
Wörthstr. 2
76133 Karlsruhe
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